Verantwortungsträger der Region Mainfranken besorgt über wirtschaftliche Entwicklung - Angst vor Wohlstandsverlust und Gefährdung des sozialen Friedens
Oberbürgermeister, Landrätinnen und Landräte, sowie Vertreter der Kammern diskutierten intensiv über die aktuellen Herausforderungen der Unternehmen in der Region Mainfranken. Dabei wurden deutliche Warnungen hinsichtlich eines drohenden Wohlstandsverlustes und der Stabilität des sozialen Friedens laut. Mehrere Tausend Arbeitsplätze sollen in den nächsten Jahren wegfallen. Angekündigte Produktionsverlagerungen ins europäische Ausland verschärfen den Kostendruck in der Region. Bayerns Landesregierung zum Handeln aufgerufen.
Landrat Eberth: Sinkende Einnahmen gefährden soziale Stabilität
Landrat Thomas Eberth, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung, schilderte die angespannte wirtschaftliche Lage und drückte seine Besorgnis über die stagnierenden kommunalen Finanzen aus. „Die Gewerbesteuereinnahmen sinken, und auch der kommunale Finanzausgleich steigt nicht weiter. Das bedeutet eine direkte Bedrohung für die Finanzkraft unserer Kommunen und Landkreise. Wenn wir nicht gegensteuern, könnte dies langfristig den sozialen Frieden gefährden.“ An dieser Stelle sei jetzt die Landes- und besonders die Bundesregierung gefordert, entsprechende Unterstützungsmaßnahmen zu ergreifen, um den Industriestandort Mainfranken langfristig zu sichern.
Oberbürgermeister Remelé: Industriearbeitsplätze unter Druck
Oberbürgermeister Sebastian Remelé verdeutlichte die Herausforderungen am Beispiel der Stadt Schweinfurt, deren große Industriebetriebe etwa 20.000 Arbeitsplätze stellen. „Trotz der Größe und Bedeutung dieser Unternehmen für die Region verzeichnen wir nur geringe Steuereinnahmen aus diesen Quellen.“ Zudem reißen die Hiobsbotschaften über umfangreichen Stellenabbau nicht ab. Die Industrie signalisiert, dass die Investitionsanreize in Deutschland schwinden und daher die Produktion zunehmend in die eigenen Standorte im Ausland verlagert wird. Die Produktionskosten in Deutschland seien zu hoch und das Argument der besser ausgebildeten Fachkräfte schwinde im internationalen Vergleich zunehmend. Auch die regionalen Zulieferbetriebe, darunter viele kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), seien bereits deutlich von der sinkenden Inlandsnachfrage der Industrie betroffen. Auch Frau Landrätin Tamara Bischof bestätigte, dass viele Betriebe z.B. im Bereich Maschinenbau aktuell wieder verstärkt gezwungen seien, in Kurzarbeit zu gehen.
Es bestand Einigkeit unter den Gesellschaftern, dass fehlende verlässliche politische Rahmenbedingungen und der andauernde Zuwachs neuer Regularien die angespannte Lage deutlich verschlimmern. Dies sorge in Folge für Verunsicherung bei den Unternehmen, was die anhaltende Investitionszurückhaltung weiter verstärkt. Die Regiopolregion befindet sich damit in einer gefährlichen Spirale nach unten.
Auch das Handwerk ist betroffen: Über 1.500 Ausbildungsstellen unbesetzt
Michael Bissert, Präsident der Handwerkskammer für Unterfranken, berichtete von gravierenden Problemen im Handwerk. „Über 1.500 Ausbildungsstellen konnten dieses Jahr nicht besetzt werden, und dies ist nur die Spitze des Eisbergs.“
Landrat Thomas Bold wies auf die mangelnde sprachliche Qualifikation vieler Absolventen hin, die es diesen erschwere, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Doch nicht nur Sprache, sondern auch der erhöhte Förderbedarf vieler Jugendlicher werde zunehmend zur Herausforderung in den Klassen. „Wir brauchen dringend eine Reform des schulischen und dualen Ausbildungssystems, um den Anforderungen der Wirtschaft gerecht zu werden“, forderte er.
Im gleichen Atemzug wurde von der Versammlung die langwierigen Prüf- und Anerkennungsverfahren beim Versuch, ausländische Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren, kritisiert.
Doch nicht nur in der Diskussion um ausländische Arbeitskräfte müsse sich dringend etwas ändern. Neben demographischem Wandel, der zwangsläufig dazu führe, dass weniger junge Menschen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, wird auch die allgemeine gesellschaftliche Tendenz, weniger arbeiten zu wollen, als kritisch angesehen – wobei deutlich betont wurde, dass Themen wie z.B. mangelnde KiTa-Plätze und Pflege von Angehörigen nicht außer Acht gelassen werden dürfen, die in vielen Fällen dazu führen, dass gut ausgebildete Fachkräfte gezwungenermaßen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen.
Die Gesellschafterversammlung machte deutlich, dass die Verantwortungsträger auf Landes- und Bundesebene sich intensiver mit den strukturellen Herausforderungen der heimischen Wirtschaft auseinandersetzen müssen, um den drohenden Wohlstandsverlust abzuwenden und die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit des Standorts Mainfranken zu sichern.