Denker und Lenker zu Gast bei der Bosch Rexroth AG
Und es hat wieder funktioniert: 120 Teilnehmer diskutierten über die Digitalisierung als Chance für Unternehmen im ländlichen Raum.
MIT INTELLIGENTEN LÖSUNGEN METROPOLEN DIE STIRN BIETEN
In ihrer Einführungsrede zeigte sich Judith Gerlach, Staatsministerin für Digitales, zuversichtlich, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland vom Megatrend Digitalisierung auch weiterhin wird profitieren können: „Wir waren immer gut darin, Veränderungen mitzugestalten. Das müssen wir auch jetzt, damit aus Helden der analogen Welt Helden der digitalen Welt werden“, so Staatsministerin Gerlach, die aber gleichzeitig warnte: „Der Erfolg der letzten Jahre hat dazu geführt, dass wir in eine Art Dornröschenschlaf gefallen sind, während sich die Welt um uns herum immer schneller verändert. Gerade auf dem Sektor der Künstlichen Intelligenz schlummern enorme Potenziale, die wir noch stärker ausschöpfen müssen und werden – beispielsweise mit einem entsprechenden Aufschlag durch die Staatsregierung im Herbst.“
Potenziale, von denen insbesondere auch der ländliche Raum mit intelligenten Lösungen in den Bereichen Arbeit, Mobilität, Gesundheit oder Bildung profitieren und sich als attraktive Alternative zu Metropolen positionieren könne. „Gerade im Hinblick auf die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Stadt und Land müssen wir die dafür notwendige technische Infrastruktur aber schneller auf- und ausbauen als bislang. Hier sind vor allem Politik und Netzbetreiber in der Pflicht, aber auch die Bürgerinnen und Bürger, etwa indem sie sich der Installation von Funkmasten nicht verweigern.“
Mit Künstlicher Intelligenz zur Fabrik der Zukunft
Die von Staatsministerin Gerlach attestierten guten Startbedingungen Mainfrankens ins digitale Zeitalter konnte Steffen Winkler von der Bosch Rexroth AG nicht nur in seinem Vortrag eindrucksvoll bestätigen, sondern auch bei der Werksführung. „Unsere Vision der Fabrik der Zukunft lautet: nur sechs Dinge sind fix – der Boden, die Decke und die vier Wände; alles andere ist komplett flexibel und wandlungsfähig“, so Winkler. Seit der Begriff Industrie 4.0 im Jahr 2011 das erste Mal aufgetaucht sei, habe sich die Produktivität in Deutschland um lediglich 0,4 Prozent gesteigert, außerdem seien derzeit mehr als 70 Prozent der Bestandsmaschinen noch nicht vernetzt. „Gesamtwirtschaftlich gesehen hat sich bisher also noch nicht allzu viel getan, was auch daran liegt, dass zu stark in Einzellösungen gedacht wird und Automatisierungstechnologien zu wenig von der Anwenderseite her betrachtet werden. Dabei geht es um nichts weniger als um die Sicherung des Produktionsstandorts Deutschland.“ Dass bei Bosch Rexroth das Thema Künstliche Intelligenz ein entscheidender Faktor auf dem Weg zur Fabrik der Zukunft ist, dafür steht exemplarisch das Projekt „KI-cker“. „Unser selbstlernender Tischkicker hat seine Fähigkeiten durch Duelle gegen Mitarbeiter und in virtuellen Partien sukzessive steigern können und ist mittlerweile ein ernst zu nehmender Gegner. Was sich sehr spielerisch anhört, hat enormes Transferpotenzial in unsere industriellen Prozesse.“
Gestalter eines innovativen ländlichen Raums
Wie Hochschulen, Start ups, KMUs und Kommunen als Gestalter eines innovativen ländlichen Raums wirken können, wurde in der abschließenden Talkrunde diskutiert. „Produktion ist das, was Werte schafft und hier müssen wir als Region weiterhin innovativ sein. Und da Innovation in Köpfen entsteht, müssen wir in der Ausbildung Trends früh aufgreifen. Die FHWS wird deshalb im kommenden Jahr den bundesweit ersten Robotik-Studiengang mit 1.000 Studienplätzen anbieten“, so FHWS-Präsident Prof. Dr. Robert Grebner über die Rolle der Hochschule. Einen Trend aufgegriffen hat auch die Stadt Lohr mit ihrem digitalen Gründerzentrum „Starthouse Spessart“. „Es soll nicht nur Inkubator für Neugründungen sein, sondern Unternehmen auch Orientierung geben, in welche Richtung sie bei der Digitalisierung gehen können. Mit einem starken mainfränkischen Netzwerk im Hintergrund verstehen wir uns als Anlaufstelle für Wissensströme, die sonst oft nur in Metropolen kreisen“, machte Bürgermeister Dr. Mario Paul deutlich.
Wie erfolgreich gründen im ländlichen Raum funktioniert, wusste Patrick Kiesel, Geschäftsführer des Start ups treeIT aus Sandberg zu berichten: „Ganz abgesehen davon, dass die Gründungskosten im ländlichen Raum niedriger sind, hat sich das mainfränkische Netzwerk aus Hochschulen, Gründerzentren, Wirtschaftsjunioren oder Plattformen wie Denker treffen Lenker als enorm hilfreich erwiesen. Und wenn man dann noch wie wir mit dem Rechner im eigenen Garten arbeiten kann, dann macht gründen noch mehr Spaß.“ Dass man im ländlichen Raum auch als Hidden Champion dauerhaft die Nase vorne haben kann, beweist die Wenzel Group aus Wiesthal. „Natürlich haben wir gewisse infrastrukturelle Hürden zu überwinden, fühlen uns in Mainfranken insgesamt aber gut unterstützt und sehen die Digitalisierung als große Chance. Wichtig war es uns, die Mitarbeiter auf diesem Weg mitzunehmen – etwa über einen Ideenwettbewerb – und nichts von oben aufzusetzen“, so Geschäftsführerin Dr. Heike Wenzel.
Innovationen im Grünen
„Eines hat die Veranstaltung gezeigt: ländlicher Raum und Innovation schließen sich keinesfalls aus – und schon gar nicht in der Regiopolregion Mainfranken“, waren sich Landrat Thomas Schiebel und Åsa Petersson, Geschäftsführerin der Region Mainfranken GmbH, einig. „Durch die Stärkung unserer Kompetenzfelder Maschinenbau & Automotive, Medizin & Gesundheit, Energie & Umwelt, IT & KI sowie Neue Materialien & Kunststoff werden wir auch künftig daran arbeiten, dass Mainfranken eine Region bleibt, in der Innovationen im Grünen gedeihen.“