9. EnergieDialog Mainfranken
Emanuel Friehs
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Platz für holländer, belgier und luxemburger
Der Verkehrssektor ist das Sorgenkind der Klimapolitik.“ So lautete die Diagnose von Dr. Weert Canzler vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Zwischen 1990 und 2018 seien die Treibhausgasemissionen in Deutschland in der Landwirtschaft um 16, in der Energiewirtschaft um 30, in Industrieprozessen um 33 und bei den Haushalten gar um 38 Prozent zurückgegangen. Und im Verkehr? „Hier sind mit 0,8 Prozent keinerlei Fortschritte erzielt worden, was maßgeblich unserem individuellen Mobilitätsverhalten geschuldet ist. Die Deutschen besitzen so viele Autos, dass nicht nur sie, sondern zusätzlich auch alle Holländer, Belgier und Luxemburger vorne drin sitzen könnten“, so Dr. Canzler. Unser Verkehrshandeln sei noch allzu sehr geprägt von Routinen, gesellschaftlichen Rollenerwartungen und dem Verlangen nach Eigenzeit und Eigenraum. All dies wirke begünstigend auf das private Automobil, das für viele Menschen immer noch mehr sei als ein Transportmittel. „Das führt dazu, dass aktuell sage und schreibe 47 Prozent der Wegstrecken von 1 bis unter 2 Kilometern mit dem Auto zurückgelegt werden.
Bedingt durch die Digitalisierung würden sich aber vor allem bei den Jüngeren die Mobilitätsmuster zunehmend in Richtung multimodaler Angebote verschieben. „Mit ihren digitalen Routinen steht die junge Generation neuen Trends wie batterieelektrischen Sharing-Angeboten oder autonomem Fahren auf der ersten und letzten Meile offen gegenüber. Dass dies kein rein urbanes Phänomen ist, sondern auch im ländlichen Raum funktioniert, dafür gibt es zahlreiche Beispiele. Frei nach dem Motto: Freude am gefahren werden statt Freude am Fahren.“
antriebstechnologien der zukunft
Die von Claus-Peter Köth, Chefredakteur der „Automobil Industrie“ moderierte Talkrunde widmete sich der Frage nach den Antriebstechnologien der Zukunft.
Für Dr. Joachim Scholta vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) würden sich sowohl für den batterieelektrischen als auch für den wasserstoffbasierten Antrieb Marktsegmente entwickeln. „Vor allem bei langstreckentauglichen Fahrzeugen sowie im Schwerlastverkehr sehe ich die Brennstoffzelle im Vorteil. Darüber hinaus ist im Zuliefererbereich und hier insbesondere in der Sensorik und Aktorik großes Wertschöpfungs- und damit auch Fachkräftepotenzial zu erwarten.
Für Technologieoffenheit sprach sich auch Prof. Dr. Ansgar Ackva, Leiter des Technologie-transferzentrums Elektromobilität Bad Neustadt (TTZ EMO) aus. „Das von oben verordnete Verfolgen eines einzigen Technologiepfads wird nicht funktionieren. Das muss der Markt regeln, sprich es obliegt den Unternehmen, auf welches Pferd sie setzen. VW hat sich diesbezüglich ja bereits für die Batterietechnologie entschieden. Die wird sich auf Dauer aber nur dann durchsetzen, wenn wir das Thema Recyclingfähigkeit in den Griff kriegen.
Obwohl es in Sachen batterieelektrischem Antrieb noch viel Entwicklungspotenzial gebe, habe man laut Dr. Henning Lorrmann vom Fraunhofer FuE-Zentrum für Elektromobilität Bayern bereits enorme Fortschritte erzielt: „Aktuell sind schon bis zu 3.000 Ladezyklen ohne Batteriewechsel möglich, was einer Laufleistung von 900.000 Kilometern entspricht. Das Vorurteil, die Batterie sei die Schwachstelle, ist also eindeutig widerlegt. Auch die Alltagstauglichkeit ist angesichts des derzeit zu beobachtenden enormen Ausbaus an Ladeinfrastruktur und der zu erwartenden Reichweitenfortschritte auch in niedrigeren Preissegmenten gegeben.“
Energiedialog als orientierungshilfe
In ganz Mainfranken haben sich zahlreiche Akteure aus Forschung und Anwendung aufgemacht, die Mobilität der Zukunft aktiv zu gestalten. Wir haben den richtigen Weg eingeschlagen, gleichzeitig liegt aber noch ein weites Stück vor uns und wir müssen schauen, dass wir immer die richtige Abzweigung finden“, machte Landrat Thomas Habermann in seiner Begrüßung deutlich. „Wir als Region Mainfranken GmbH sehen es als unsere Aufgabe an, über Vernetzungsplattformen wie dem EnergieDialog Orientierung zu geben, damit Mainfranken als Wirtschaftsstandort auch weiterhin erfolgreich sein wird.