Best Practices

Mit „Awesome Technologies“ auf dem Weg in die Zukunft: Weltmarktführer setzt auf Teilautomatisierung

Ansprechpartner:

Emanuel Friehs
Ludwigstraße 10a
97070 Würzburg
0931/452 652-13
friehs@mainfranken.org

Best practices

​​Hintergrundinfos: 

Wer? LAUDA DR. R. WOBSER GMBH & CO. KG

Wo? Lauda

Was? Weltmarktführer für exakte Temperaturen

Kontakt: info@lauda.de

Wer? Awesome Technologies Innovationslabor GmbH

Wo? Würzburg

Kontakt: info@awesome-technologies.de

Die Themen Robotik und Automation boomen - gerade wenn es darum geht, bei relativ kleinen Losgrößen als mittelständisches Unternehmen wettbewerbsfähig zu bleiben. Zur Optimierung der Fertigung einer neuen Gerätelinie hat sich die LAUDA DR. R. WOBSER GMBH & CO. KG aus Lauda-Königshofen externe Unterstützung geholt. Mit der Awesome Technologies Innovationslabor GmbH aus Würzburg konnte der Mittelständler einen Partner gewinnen, der sich auf Zukunftstechnologien spezialisiert hat und im Rahmen eines Projekts zur Optimierung des Outputs beitragen sollte. Dabei gilt es, drei wesentliche Faktoren nicht aus den Augen zu verlieren: Wirtschaftlichkeit, Technologie und Nachhaltigkeit.

Welche Erkenntnisse die Projektpartner aus der Zusammenarbeit gewonnen haben, in welchen Bereichen sie noch immer voneinander profitieren und nicht zuletzt, welche Rolle das regionale Netzwerk für das Zustandekommen einer solchen Kooperation spielt, erzählen CEO Dr. Cornelia Kolb von Awesome Technologies und Christoph Muhr, Leiter der Unternehmenskommunikation bei LAUDA, im Gespräch mit Emanuel Friehs, Projektleiter im mainfränkischen Kompetenznetzwerk Maschinenbau & Automotive. Sie sprechen dabei offen über die Vorteile, aber auch die Hürden, die im Rahmen des Projekts zu nehmen waren - und schaffen Motivation für andere Unternehmen, ebenfalls eine Kooperation mit regionalen Partnern anzustreben. 

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Für uns von der Region Mainfranken GmbH ist es von besonderem Interesse zu sehen, wie Unternehmen aus der Region zusammenarbeiten und welche Projekte sie gemeinsam angehen - so zum Beispiel bei dem Projekt Design for Automation. Wer sind die Projektpartner und was machen sie?

Mit rund 600 Mitarbeitenden an mehreren Standorten ist die Firma LAUDA der Weltmarktführer für exakte Temperierung. Die entwickelten Geräte sind in unterschiedlichsten Anwendungsfällen, Branchen und Anlagen im Einsatz. Das Credo: mit exakten Temperaturen gemeinsam die Welt verbessern. Deshalb spielt Nachhaltigkeit in der Unternehmensphilosophie des Mittelständlers eine entscheidende Rolle. Das Unternehmen ist in den Feldern Chemie, Medizintechnik, Halbleiterindustrie, Automotive, Elektromobilität, Wasserstoff sowie in der Bio- und Pharmatechnologie weltweit stark vertreten.

Die Awesome Technologies mit knapp 30 Mitarbeitenden hat es sich zum Ziel gesetzt, neue Technologien in Anwendungen zu bringen. Das Unternehmen verfügt über Expertise in den Bereichen Augmented und Virtual Reality, also Mixed Reality, mit Robotik, mit moderner Softwarearchitektur und Interoperabilität. Weil Forschungsergebnisse oftmals in der Schublade verschwinden und nicht zur Anwendung kommen, liegt das Ziel darin, Forschung und Anwendung sinnvoll zu verknüpfen. Das betrifft sowohl Software für das Gesundheitswesen und Telemedizin als auch Forschung und Entwicklung für die Industrieautomatisierung. Die Kernkompetenz liegt in der kollaborativen Robotik, die sich darauf konzentriert, bei kleineren Losgrößen eine höhere Flexibilität zu erreichen. Hier ist das Thema Teilautomatisierung entscheidend: Was macht sinnvollerweise der Mensch, was macht die Maschine?

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Die Technologien kommen und sind nicht zwangsläufig branchenspezifisch. Man kann sie branchenübergreifend verwenden.

- Dr. Cornelia Kolb

Immer wieder sehen wir, wie aus regionalen Netzwerken heraus Kooperationen entstehen, die so vielfältig wie nutzbringend sind. Die Kernfrage dabei ist: Wie kommen solche Partnerschaften zustande und wie finden die Projektpartner überhaupt zueinander?

Es gibt hier nicht den einen Punkt des Kennenlernens. Dr. Gunther Wobser und Dr. Cornelia Kolb kennen sich schon sehr lange aus dem regionalen Netzwerk, haben sich immer wieder auf Veranstaltungen getroffen und sind kontinuierlich im Austausch geblieben. Unter anderem aufgrund der kleinen Losgrößen bei LAUDA wurde das Thema kollaborative Robotik während der CAD-Konstruktionsphase zu einem konkreten Kooperationsthema.

„Dr. Wobser und ich kennen uns schon sehr lange aus einem regionalen Netzwerk. Wir haben uns auf den ein oder anderen Veranstaltungen immer wieder getroffen und sind im Austausch geblieben.“

- Dr. Cornelia Kolb

In dem Projekt ging es darum, dass eine neue Linie auf den Markt gebracht werden sollte. Das bereits bestehende Produkt sollte optimiert werden, sowohl aus Produktions- als auch aus Vertriebs- und Kundensicht. Es ging darum, die Komplexität bei der Konstruktion und Fertigung herauszunehmen und einen modularen Aufbau zu realisieren, um dadurch Abläufe zu optimieren und die benötigte Arbeitszeit zu reduzieren. Für Awesome Technologies stand die Frage im Vordergrund, was die Robotik dafür leisten kann. Die Thematik wurde bereits in der Entwicklung mit einbezogen, damit sie in das Design neuer Produkte direkt einfließen kann. Hier haben sich die Themen Ingenieurwesen und Softwareentwicklung gut ergänzt. Es ist wichtig, sich in beiden Bereichen auszukennen, um die Spezifikationen, die - in diesem Fall für die Kältetechnik - notwendig sind, bereits beim Design in Einklang zu bringen.

Zunächst stand die Klärung der Vorgehensweise im Vordergrund. Ein großes Know-how in den Bereichen Ingenieurswesen und Produktion war bei LAUDA bereits vorhanden. Awesome Technologies brachte die Expertise der Mensch-Maschine-Interaktion ins Projekt ein. Zunächst stand die Frage im Raum, wie die Mitarbeitenden entlastet werden können und eine Teilautomatisierung eingeführt werden kann. Anschließend ging es darum, einen höheren Output zu erzielen - ein für den Mittelstand ganz typisches Thema. Hier ist die Devise: ausführliche Analyse der Prozessschritte. Alles, was unter dem Strich vereinheitlicht werden kann, ist geeignet für den Einsatz der kollaborativen Robotik.

Oft tun sich mittelständische Unternehmen schwer damit, Wissen preiszugeben und sich zu öffnen. Durch den Fachkräftemangel hat sich dies vielerorts bereits verändert. Ziele sind, auf den Standort aufmerksam zu machen und Mitarbeitende zu gewinnen. Welche Rolle spielt dabei das regionale Netzwerk?

„Wir befinden uns in einer Potenzialregion, in der die Gewinnung und langfristige Bindung von qualifizierten Arbeitskräften an unser Familienunternehmen von zentraler Bedeutung ist.“

– Dr. Gunther Wobser

Innovation, Investition in Forschung und Entwicklung, gepaart mit pro-aktiver Netzwerkarbeit ist unerlässlich, um den Standort zu stärken. Dabei setzt LAUDA auf eine Kombination aus dem Wissen, das langjährige Mitarbeitende haben und neuen Impulsen, die junge Menschen einbringen. Durch die Nähe zum Hochschulstandort Würzburg und die zahlreichen Kontakte, die sich daraus ergeben, profitieren Firmen wie LAUDA vom regionalen Netzwerk.

Das Spannende ist immer wieder, wenn ein traditionsträchtiges Unternehmen mit gewachsenen Strukturen auf ein junges, dynamisches Team - wie die 2017 gegründete Awesome Technologies - mit flexiblen Möglichkeiten und agilen Arbeitsweisen trifft. Welche Erfahrungen nehmen die Partner mit?

Die Awesome Technologies ist von Anfang an begeistert vom extrem hohen Expertenwissen, das sie bei LAUDA mit der langen Produkthistorie und dem immanent in der Unternehmensstruktur verankerten Wissen vorfindet. Auch die Komplexität in der Kältetechnik ist ein spannendes Feld, die Qualität und der hohe Output, den LAUDA liefert, beeindruckt die Mitarbeitenden des Innovationslabors. Wie unterschiedliche Meetingkulturen oder das Prinzip des agilen Arbeitens gegenseitig aufgenommen werden, ist ebenfalls interessant zu beobachten. Die technischen Projekt-Themen sind am Ende einfacher umzusetzen als das Thema Change-Management. Die Interdisziplinarität stellt außerdem eine spannende Herausforderung dar: Wer hat welches Expertenwissen zur richtigen Zeit und wie lassen sich Lösungen finden?

Bei LAUDA werden die Dynamik und Agilität geschätzt, die Awesome Technologies als Unternehmen prägen. Damit einhergehend muss oftmals priorisiert werden, Aufgaben aus dem Arbeitsalltag müssen zugunsten von wichtigen Abstimmungen zurückgestellt, Kompromisse müssen gefunden werden. So liefert die Zusammenarbeit mit dem Kooperationspartner spannende Einblicke in eine etwas andere, agilere Unternehmenskultur.

Das Know-how in Bezug auf Digitalisierungs- und Automatisierungsthemen ist im Hause LAUDA ausbaufähig, wohl aber die Offenheit vorhanden, hier in den Austausch zu gehen und das regionale Netzwerk zu nutzen, um Inhouse zu profitieren?

Kooperationspartnerschaften und Input von außen sind für LAUDA immer interessant. Auch mal einen Schritt zurückzugehen und die Situation aus einer anderen Perspektive heraus zu beleuchten, trifft beim Traditionsunternehmen auf Zuspruch.  Die zeitgemäße Entwicklung und Fertigung der Produkte stehen dabei ebenso auf dem Prüfstand, wie auch die Entwicklung neuer Konzepte unter die Lupe genommen werden. Agiles Innovationsmanagement ist hier das Schlagwort, das wesentlich ist, um sich weiterzuentwickeln. Gerade im asiatischen Raum holen Start-ups in Sachen Qualität auf. Deshalb muss großer Wert auf Flexibilität gelegt werden und eben darauf, nicht alles so zu machen, wie es in den letzten 70 Jahren funktioniert hat.

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Das Gefährlichste in jedem Unternehmen ist die Aussage „das machen wir schon immer so“. Ein Perspektivwechsel ist da immer gut.

- Christoph Muhr

Die Themen Digitalisierung, Automatisierung und neue Arbeitsmethoden stellen für Dr. Cornelia Kolb einen Transformationsprozess dar. Sie werden nicht einmal gelöst, sondern müssen sich mit der Zeit etablieren und immer wieder neu hinterfragt werden. Dass sich vor allem mittelständische Unternehmen mit dem Thema auseinandersetzen müssen, ist unerlässlich. Nur so kann ein Unternehmen auf Dauer wettbewerbsfähig bleiben.

Der Blick von außen mit der Aussicht auf eine Teilautomatisierung steigert auch die Motivation der Mitarbeitenden, die eben nicht mehr jeden Tag sechsmal die gleiche Schraube eindrehen müssen und sich stattdessen anderen Dingen widmen können. Wie stand es um die Breitschaft der Belegschaft, mitzuziehen?

Die Offenheit ist da, das Feeling muss sich im Prozess selbst erst entwickeln. Das Wichtigste ist: Man muss die Mitarbeitenden frühzeitig abholen und mitnehmen. Schön zu beobachten: die Prozessabwicklung funktioniert schon sehr gut. Um den Output der Linie durch Teilautomatisierung voranzutreiben, ist der richtige Weg, bereits im Design anzusetzen.  Was einerseits überraschend ist, bietet andererseits auch eine Bestätigung für die Mitarbeitenden, die teilweise sogar Manufakturarbeit leisten.

Zwei Unternehmen mit völlig unterschiedlichem Background treffen in diesem Projekt aufeinander, der einen erfolgreichen Spagat erfordert hat: Wie hat die Organisation der Zusammenarbeit am Ende funktioniert? Wurden beispielsweise Workshops veranstaltet und ausgelotet, wer wie arbeitet und wie die Methoden zusammengeführt werden können?

Im QM bei LAUDA ist agiles Arbeiten bereits verankert. Die Frage war, wie das Prinzip in den einzelnen Abteilungen konkret umgesetzt werden kann. Zunächst wurde bei Projektstart 2022 die jeweilige Arbeitsweise der Partner vorgestellt, Strukturen wurden abgeglichen und am Ende wurde das Beste aus beiden Welten vereint. Unter dem Motto „Der Weg ist das Ziel“ haben sich die Partner zu einem Projektteam zusammengefunden, das effizient miteinander arbeiten konnte.

Wie wird denn das Wissen gesichert, sodass auch in Zukunft darauf zugegriffen werden kann und es nicht nur in den Köpfen der beteiligten Mitarbeitenden bleibt?

Durch eine zentrale Ordnerstruktur mit Zugriffsrechtekonzept und eine gewissenhafte Einarbeitung bzw. Ausbildung wird im Hause LAUDA das Wissen gesichert und weitergegeben. Auch in diesem Bereich kann es in Zukunft Anknüpfungspunkte für Betrachtungen von außen geben: Was kann noch verbessert werden? 

Von wie vielen Projektmitarbeitenden sprechen wir denn auf beiden Seiten? Gibt es Hauptverantwortliche? Was wir immer wieder hören, ist, dass es von erheblicher Wichtigkeit für das Gelingen eines solchen Projektes ist, dass die Geschäftsleitung eingebunden ist. Wie war es hier?

Auf beiden Seiten gab es zwei Hauptverantwortliche, sowohl technisch als auch organisatorisch. Weitere Expertise wurde bei Bedarf dazu geholt. Ein wesentlicher Faktor ist auch hier die Einbindung des C-Levels, denn nur so werden schnell und effektiv Entscheidungen herbeigeführt und getroffen. Auch die Regionalität spielt eine wesentliche Rolle. Kurze Wege halten die Kosten gering, ein schnelles Meeting oder ein Workshop kann unkompliziert realisiert werden - und ganz wichtig ist auch das individuelle Wertekonzept bei den Beteiligten. Regionalität hat in Tauber- und Mainfranken einen Wert. Die Leute ticken ähnlich und durch dieses Macher-Mindset können die Kooperationspartner in der Region Erfolge erzielen.

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Das fertige Produkt wurde gerade ganz frisch auf der Messe präsentiert. Wie geht es jetzt weiter?

Bei dem aktuellen Projekt gab es im Hinblick auf die Machbarkeit in der Robotik noch limitierende Faktoren. LAUDA setzt verstärkt auf einen modularen Aufbau der Produkte und möchte auf diese Weise neue Branchen bedienen. Dabei sind auch Richtlinien bezüglich des Produktdesigns zu beachten, welche die Umsetzung der Teilautomatisierung erschweren - denn das Design soll nicht zugunsten der Robotik beliebig angepasst werden. Umso wichtiger ist es, hier weiter am Ball zu bleiben und in der Planung neuer Linien frühzeitig die Möglichkeiten der kollaborativen Robotik aufzunehmen.

Bildquelle: Samuel Becker