Rückblick: Von der Linear- zur Kreislaufwirtschaft
Emanuel Friehs
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Nehmen, benutzen, wegwerfen“ – in einer Welt mit endlichen Ressourcen, fortschreitendem Klimawandel und weiterem Bevölkerungswachstum hat das Modell der linearen Durchlaufwirtschaft keine Zukunft mehr. Gefragt ist vielmehr ein grundlegendes Umdenken hin zum zirkulären Wirtschaften, bei dem die eingesetzten Rohstoffe über den Lebenszyklus einer Ware hinaus wieder vollständig in den Produktionsprozess zurückgelangen. Was sich genau hinter diesem Konzept verbirgt, wie man ihm zum Durchbruch verhelfen kann und welche erfolgreichen Ansätze bereits existieren – all das stand am 25. September 2019 im Fokus des 5. Nachhaltigkeitssymposiums der Region Mainfranken GmbH.
Kompetenzfeld Energie & Umwelt
Dass Landrat Florian Töpper auch in diesem Jahr wieder über 100 Teilnehmer aus Wirtschaft, Forschung und Politik im Steigerwald-Zentrum begrüßen konnte, wertete er als Beleg dafür, dass sich das Symposium zu einer zentralen Plattform in Sachen Nachhaltigkeit entwickelt habe. „In diesem für die Regiopolregion Mainfranken enorm wichtigen Thema konnte in den vergangenen Jahren bereits großes Know how in Wissenschaft und Wirtschaft aufgebaut werden. Mit dem Kompetenzfeld „Energie & Umwelt“ wird die Region Mainfranken GmbH ihre Aktivitäten in der Netzwerkbildung und des Technologietransfers nun noch weiter ausbauen.“
das Cradle to cradle-prinzip
Produkte so zu gestalten, dass nicht nur deren erste Bestimmung erfüllt wird, sondern bereits bei der Entwicklung die Möglichkeiten der weiteren Verwendung der Rohstoffe miteinbezogen werden – das verbirgt sich hinter dem Cradle to Cradle-Prinzip, über dessen Potenziale der Urheber des Konzepts, Professor Michael Braungart eindrucksvoll berichtete. „Was wir aktuell betreiben, ist ein Ökologismus, der der Ökologie rein gar nichts nutzt. Am Beispiel der Mülltrennung sehen wir, dass wir das Falsche perfekt machen: die hat zwar Ehen gerettet, weil sie in der Küche nun für ausreichend Gesprächsstoff über richtiges Trennen sorgt, der Umwelt bringt sie aber nichts“, so Professor Braungart, der das Bild der sinkenden Titanic bemühte: „Statt mit dem Teelöffel schippen wir das Wasser nun mit dem Esslöffel. Aber effektiver wäre es doch, das Leck zu dichten! Etwas weniger schlecht zu machen, bedeutet noch lange nicht, dass man es gut macht.“ Es sei daher an der Zeit, die derzeitige Weltuntergangsdiskussion als Innovationschance zu nutzen, Geschäftsmodelle zu ändern statt die Effizienz zu erhöhen und Produkte völlig neu zu denken. Dass dies in der Praxis funktioniert, konnte Professor Braungart anhand zahlreicher Beispiele zeigen – von biologisch abbaubaren Lidl-Textilien über vollständig recyclebare Möbel bis hin zu Cradle to Cradle-zertifizierten Puma-Schuhen.
Denken in geschlossenen Materialkreisläufen
„Da geht noch was – das unterschätzte Potenzial von Abfällen“ lautete der Titel des Vortrags von Hans-Jürgen Schneider, Standortleiter Schweinfurt der ZF Friedrichshafen AG. „Im Bewusstsein, dass das bisherige Prinzip von Einkauf, Produktion und Verkauf zu viele natürliche Ressourcen verschwendet, haben wir uns mit externer Hilfe den Spiegel vorgehalten und einen ganzheitlichen Prozess zur Optimierung des Abfallmanagements gestartet.“ Ein zentraler Erfolgsfaktor liege dabei in der organisatorischen Verknüpfung der vormals getrennten betrieblichen Rohstoffver- und -entsorgung als Voraussetzung für das notwendige Denken in geschlossenen Materialkreisläufen. „Im Rahmen des Projekts haben wir bei Verpackungen, flüssigen Sonderabfällen, Stanzen und Elektromotoren signifikante Einsparungen erreicht und weitere Potenziale identifiziert, so dass ein Rollout auf andere ZF-Standorte vereinbart wurde“, so Hans-Jürgen Schneider.
Impulse für eine zirkuläre Wirtschaft
Wie Forschungseinrichtungen, Abfallwirtschaft und Netzwerkakteure Impulsgeber für mehr zirkuläre Wirtschaft sein können, wurde in der abschließenden Talkrunde diskutiert.
Als Geschäftsführer des Zweckverbands Abfallwirtschaft Raum Würzburg wies Alexander Kutscher auf die Bedeutung der thermischen Abfallbehandlung hin: „Aus den im Müllheizkraftwerk Würzburg jährlich anfallenden 50.000 Tonnen Verbrennungsasche holen wir 3.500 Tonnen reine Metalle wie Eisen, Aluminium oder Kupfer. Großes Potenzial liegt darüber hinaus in der Nutzung von ausgestoßenem CO2 zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe.“
Dr. Hermann Achenbach vom SKZ beschäftigt sich mit einem hochaktuellen Thema: dem Kunststoffrecycling. „Hier arbeiten wir gemeinsam mit Partnern nicht nur an der Qualitätssicherung von Kunststoffrezyklaten, sondern auch an einer digitalen Anwendung, um einen stabilen Rezyklatmarkt mit zuverlässigen Informationen über Mengen-, Qualitätsdaten und Verfügbarkeitszeitpunkten aufzubauen.“
In eben jener Verknüpfung von Künstlicher Intelligenz mit Umwelttechnologien sieht Alfred Mayr, Geschäftsführer des Umweltcluster Bayerns enormes Potenzial für neue Geschäftsmodelle. „Da zukunftsfähige Ansätze in der Digitalisierung häufig von jungen und sehr kleinen Unternehmen entwickelt werden, ist die Vernetzung etablierter Unternehmen mit innovativen Start-ups im regionalen Kontext von großer Bedeutung.“
Über die Kompetenzen des Fraunhofer IWKS im Bereich Urban Mining berichtete Dr. Sven Grieger am Beispiel eine Smartphones. „Um unser Hauptziel – die Gewinnung sortenreiner Materialien – zu erreichen, wenden wir innovative Trenntechnologien an. In diesem Fall die elektrohydraulische Zerkleinerung, bei der wir über Schockwellen Materialgrenzflächen gezielt schwächen und dadurch ein materialspezifische Trennung erreichen.“